A Trick Of The Tail macht in der Vinyl-Neuauflage von 2018 klanglich vieles besser als das Original von 1976 und klingt am Ende doch nicht besser. Wie ist das möglich?
Wie entstand A Trick Of The Tail von Genesis?
A Trick of the Tail ist das siebte Studioalbum von Genesis und das erste, bei dem Phil Collins die Rolle des Leadsängers einnahm. Es erschien im Februar 1976 und markiert den wahrscheinlich größten Wendepunkt in der Karriere der Gruppe.


Peter Gabriel, bisher Sänger der Gruppe, hatte bereits zu Beginn der Tournee zum Album The Lamb Lies Down On Broadway im Jahr 1974 angekündigt, Genesis zu verlassen. Der Weggang brachte die Band zunächst in Schwierigkeiten. Zu sehr stand Gabriel mit seiner theatralischen Bühnenshow im Mittelpunkt. Andererseits waren Tony Banks, Phil Collins, Mike Rutherford und Steve Hackett zunehmend genervt davon, dass die Bühnenshow so viel Aufmerksamkeit auf sich zog und die Musik – zumindest nach Ansicht der restlichen Musiker – zu wenig Beachtung erhielt. Für kurze Zeit gab es sogar den ernstgemeinten Plan, in der Post-Gabriel-Ära ausschließlich mit Instrumentalmusik weiterzumachen.
Die Arbeit an neuer Musik ging den Rest-Genesis flott von der Hand. Nur die Suche nach dem geeigneten Sänger gestaltete sich schwieriger als gedacht. Ein Kandidat nach dem anderen wurde ins Studio eingeladen. Phil Collins hatte zu einigen Stücken bereits eine Pilotspur eingesungen, um den Sängern in spe zu zeigen, wie sich die Band den Gesang vorstellte. Und obwohl einige namhafte und später sehr erfolgreiche Kandidaten zum Vorsingen antraten, konnte kein Vokalist die Band restlos überzeugen. Am Ende gewann stets die Gesangsspur von Phil Collins.
Dieser hatte auf den Vorgängeralben und auch Live häufig die Vocals von Peter Gabriel gedoppelt und verfügte streng genommen bereits über große Erfahrung als Sänger von Genesis. Kurz: Collins wurde der Nachfolger von Peter Gabriel bei Genesis. Musikalisch blieben die neuen Songs zunächst sehr ähnlich wie die Genesis Songs der Gabriel-Jahre. Diese Phase wurde auf dem Live-Album Seconds-Out beeindruckend eingefangen. Nach dem Ausstieg von Steve Hackett wandte sich die Band als Trio immer poppigeren Stücken zu. Aber das ist eine andere Geschichte.
Welche Versionen von A Trick Of The Tail vergleichen wir?
Pressung 1: Die deutsche Erstpressung aus dem Jahr 1976 wurde ausgeliefert mit einem Gatefold-Cover samt bedruckter Innenhülle. Die Platte selbst wiegt 138g und als echte Besonderheit steht auf der Innenhülle das Angebot: „Übersetzungen der Song-Lyrics in deutscher Sprache erhalten Sie auf Wunsch von: Promotion-Abteilung, Phonogram GmbH…“. Die Texte hatte ich damals angefordert. Sie wurden als kopierte Schreibmaschinenseiten auf mehreren getackerten Blättern zugeschickt. Erstaunlicherweise war es ausgerechnet Peter Gabriel, der wenige Jahre später dem Album Peter Gabriel II deutsche Übersetzungen seiner Texte beilegte und Peter Gabriel III sogar als deutsches Album einsang.
Pressung 2: Die Neuauflage aus dem Jahr 2018 sieht äußerlich sehr ähnlich aus. Einzig der gelblich braune Hintegrund, der im Original eher unregelmäßig und fleckig wirkt, wurde für die Neuauflage durch einen einheitlichen Farbton ersetzt. Ansonsten besitzt sie dasselbe Gatefold Cover und dieselbe bedruckte Innenhülle (ohne den Hinweis auf deutsche Texte) wie das Original. Doch die Musik wurde von Miles Showell im Half-Speed-Mastering remastert und auf 212g schweres Vinyl gepresst.
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Wie unterscheiden sich die Pegel und Dynamik der 1976er- und der 2018er-Pressung?

Im Wellenform-Diagramm für Dance On A Volcano erscheinen keine allzu großen Unterschiede zwischen den beiden Varianten. Beim genauen Hinschauen erkennen wir, dass die 1976er Erstausgabe einen Tick stärker komprimiert wurde und deshalb mehr Pegelspitzen den Anschlag des Limiters erreichen als bei der Neuausgabe von 2018. Die 2018er transportiert also mehr dynamische Feinheiten als das Original.

Wer das Diagramm für Entangled betrachtet, könnte den Eindruck bekommen, dass die dynamischen Unterschiede zwischen beiden Versionen recht groß ausfallen. Doch in Wirklichkeit ist der durchschnittliche Pegel der 1976er nur erkennbar höher. Die Unterschiede zwischen laut und leise dürften in beiden Fällen ungefähr gleich groß ausfallen. Denn auch in der Wellenform der 1976er erreichen kaum Pegelspitzen den Anschlag. Die Ausschläge fallen im gesamten Stück unterschiedlich lang aus.

Das Diagramm für Robbery, Assault And Battery erinnert dagegen erneut an das Diagramm für den Opener Dance On A Volcano. In der Welle für die deutsche Erstausgabe werden viele Pegelspitzen limitiert, während bei der Neuauflage nur wenige Ausschläge abgeschnitten werden.
Wie unterscheidet sich die Loudness der 1976er- und der 2018er-Pressung?


Mit der Loudness-Messung durch den Youlean Loudness Meter lässt sich die Lautheit einer Aufnahme bewerten. Im Fall der Seite 1 von A Trick Of The Tail haben wir für die 1976er einen Wert von -21,5 LUFS integrated (Loudness Units relative to Full Scale) gemessen, für die 2018er waren es -22,0 LUFS integrated. Die 1976er ist also um 0,5 dB lauter. Im Diagramm lässt sich ablesen, dass die roten, also besonders lauten Passagen, sich fast gleichmäßig über das gesamte Album verteilen. Nur bei der 1976er sind die roten Bereiche etwas größer, bei der 2018er entsprechen kleiner. Der Unterschied ist erkennbar aber nicht besonders gravierend.


Auf der Seite 2 fällt die Differenz noch geringer aus. -22,1 LUFS integrated waren es für die 1976er, -22,2 LUFS integrated für die 2018er. Die 1976er ist auf Seite also gerade mal 0,1 dB lauter. In der Praxis fällt dieser Unterschied nicht ins Gewicht.
Wie unterscheiden sich die die Frequenzspektren der 1976er- und der 2018er-Pressung?

Das Frequenz-Spektrogramm für Dance On A Volcano fördert einen deutlichen Unterschied zutage. Die 2018er spielt in den höchsten Höhen häufiger und lauter bis an den oberen Rand des Diagramms. Hierbei handelt es sich um kaum hörbare Frequenzbereiche oberhalb von 18.000 Hertz, die – wenn überhaupt – als „Air“ wahrgenommen werden.

Ähnlich aber weniger stark ausgeprägt findet sich dieser Unterschied auch im Spektrogramm für Entangled. Bei der 2018er sind es einfach ein paar Ausschläge mehr, die den oberen Rand des Diagramms erreichen.

Am deutlichsten zeigt sich diese Anhebung der höchsten Frequenzen im Spektrogramm für Robbery, Assault And Battery. Hier entstehen ganze Farbflächen am oberen Rand des Diagramms der 2018er, wo bei der 1976er die unberührte grüne Hintergrundfläche heraussticht.

Spektrogramme mit linearer Skala beleuchten die Unterschiede in den mittleren und hohen Frequenzen. Mit einer logarithmischen Skala lassen sich die Unterschiede in den tieferen Lagen untersuchen. Das entsprechende Spektrogramm für Dance On A Volcano mach es auch ganz deutlich: Die 2018er hat mehr Bass und untere Mitten. Dies lässt sich an der viel größeren violetten Farbfläche im Diagramm der 2018er ablesen. Da wir wissen, dass die Erstausgabe insgesamt lauter ist, hätte man erwarten dürfen, dass sich auch der Bass hier deutlicher abbildet. So gesehen, fällt der Unterschied in der Praxis sogar noch etwas größer aus.
Wie gut klingt die 1976er-Pressung von A Trick Of The Tail?
Die Diagramme lassen es schon erwarten: Die 1976er klingt in den Höhen nicht ganz so hell wie die 2018er und im Bass nicht ganz so laut. In diesem Fall zeigt sich aber, dass mehr nicht unbedingt besser sein muss. Den die 1976er wirkt in sich stimmiger und runder. Es fehlt an nichts.
Wie gut klingt die 2018er-Pressung von A Trick Of The Tail?
Dass die 2018er Pressung mehr Höhen abbildet, zeigt sich vor allem bei den Schlagzeugbecken. Diese treten dadurch allerdings gleich so sehr in den Vordergrund, dass es fast schon nervt. Insgesamt wird der Klang durch die Höhenbetonung härter als notwendig. Die Extraportion Bass sorgt in Titeln wie Squonk oder Los Endos für noch mehr Druck an den richtigen Stellen. Auch die geringere Kompression und der dadurch gewachsene Dynamikumfang ist ein Plus für audiophile Hörer. Dennoch kommt keine rechte Freude auf. Das Original bietet einfach das rundere Gesamtpaket.
Titelliste
Side 1
- Dance On A Volcano
- Entangled
- Squonk
- Mad Man Moon
Side 2
- Robbery, Assault And Battery
- Ripples
- A Trick Of The Tail
- Los Endos
















Interpret | Genesis | |
Titel | A Trick Of The Tail | |
Label | Charisma | Charisma/Universal |
Katalognummer | 6369 97 | 6748972 |
Veröffentlicht | 1976 | 2018 |
Format | 12“ | 12“ |
Umdrehungen/Minute | 33 1/3 | 33 1/3 |
Cover | Gatefold | Gatefold |
Beigaben | Bedruckte Innenhülle | Bedruckte Innenhülle |
Lackschnitt | k.A. | Miles Showell |
Presswerk | k.A. | Optimal Media |
Matrix-Runout | AA 6369 974.1 Y X2 AA 6369 974.2 Y AD2 | 9784467 BC87992 – 02 C1 M MILES THE PARADIGM 1/2 SPEED PROCESS 9784467 BC87992 – 02 D1 M MILES THE PARADIGM 1/2 SPEED PROCESS |
Auflage/Limitierung | – | – |
Fortlaufende Nummer | – | – |
Herstellungsland | Deutschland | Europa |
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