All Things Must Pass – George Harrison (1976 vs. 2021 50th Anniversary)

All Things Must Pass wurde von Produzent Phil Spector mit besonders viel Hall abgemischt. Der Jubiläums-Remix von Paul Hicks soll jetzt den Sound entschlacken. Das Ergebnis überzeugt.

Wie entstand All Things Must Pass von George Harrison?

George Harrison – All Things Must Pass, Capitol 1976
George Harrison – All Things Must Pass
50th Anniversary, Capitol/Apple 2021

All Things Must Pass ist das erste Soloalbum von George Harrison nach der Trennung der Beatles. In den 60er Jahren waren bereits zwei Instrumentalalben vom Gitarristen der Fab Four erschienen. Es kam im November 1970 in die Läden, unsere Ausgabe stammt aus dem Jahr 1976.

Erstmals in der Popgeschichte enthielt ein Album drei LPs. Es hatten sich im Lauf der Zeit einfach zu viele Songs bei Harrison angestaut. Solche, die er schon erfolglos den Beatles angeboten hatte. Oder solche, die mit den Beatles während der Sessions zu Let It Be zwar geprobt, aber nicht aufgenommen wurden. Andererseits hätte dem Album ohne die Jams auf den Seiten 5 und 6 nach unserer Ansicht nicht viel gefehlt..

Die Aufnahmen begannen im Mai 1970 in den Abbey Road Studios und endeten ein knappes halbes Jahr später, im Oktober 1970. Wie schon bei Let It Be wurde Phil Spector als Produzent verpflichtet, der dem Album seinen typischen „Wall of Sound“ verpassen sollte. Spector war berühmt-berüchtigt dafür, Instrumente im Studio zu doppeln, kaum hörbare Füllspuren zu verwenden und das Ganze mit einem Zuckerguss aus Hall, Streichern und Bläsern zu eben dieser „Klangmauer“ aufzubauen.

Zu den Musikern auf dem Album gehören neben Ringo Starr auch der Keyboarder Billy Preston, der als „fünfter Beatle“ schon an Let It Be mitgewirkt hatte. Ferner natürlich sein Kumpel Eric Clapton sowie mit Bob Dylan auch ein späteres Mitglied der Travelling Wilburys. Aber das ist eine andere Geschichte.

Welche Versionen von All Things Must Pass vergleichen wir?

Pressung 1: Die ältere Pressung ist bereits ein Reissue, das fast sechs Jahre nach der Erstveröffentlichung in den USA auf den Markt kam. Unsere 1976 erschienene Pressung unterscheidet sich nicht groß von der Erstpressung. Sie erhielt das typische Boxset, drei verschiedenfarbige, bedruckte Innenhüllen und das Poster der Erstpressung. Das Vinyl wiegt ungefähr 140g und erhielt das orangerote Capitol-Label.

Pressung 2: Im Jahr 2021, also um ein Jahr verspätet, erschien die 50th Anniversary Ausgabe von All Things Must Pass. Zum Jubiläum wurde das Album von Paul Hicks komplett neu abgemischt. Dieser hatte auch schon John Lennon / Plastic Ono Band neu abgemischt. Das Boxset geriet einige Millimeter dicker und auch das Vinyl wiegt mit 190g deutlich mehr als das Original bzw. Reissue aus 1976. Zusätzlich zu den farbigen Innenhüllen aus Karton spendierte Universal zusätzlich gefütterte Innenhüllen für die LPs. Gut so. Außerdem gibt es ein Booklet mit schönen Fotos und Hintergrundinfos zur 50th Anniversary Edition.

Weitere Alben aus dem Jahr 1970 bei Uebervinyl.de

Wie unterscheiden sich die Pegel und Dynamik der 1976er- und der 50th Anniversary-Pressung?

Wellenform-Diagramm für George Harrison - I'd Have You Anytime
Wellenform-Diagramm für George Harrison – I’d Have You Anytime

Das Wellenform-Diagramm für I’d Have You Anytime deutet gleich an, in welche Richtung sich die Neuauflage von All Things Must Pass entwickelt hat. Die Unterschiede zwischen den Wellen sind gar nicht so groß wie erwartet. Auch in Sachen Kompression bleiben die Abweichungen überschaubar, da in beiden Wellen etwa gleich viele Pegelspitzen an den Schwellenwert des Limiters stoßen. Doch zwischen den Pegelspitzen ist beim Remix von 2021 etwas weniger los. Die Wellen sind erkennbar luftiger.

Wellenform-Diagramm für George Harrison - What Is Life
Wellenform-Diagramm für George Harrison – What Is Life

Im Diagramm für What Is Life zeigt sich eine weiter Differenz zwischen dem originalen Master von All Things Must Pass und dem Remix: Die Übergänge zwischen leisen  und den lauteren Stellen, etwa am Anfang und der Mitte des Songs, verlaufen beim Remix fließender als bei der 1976er. Außerdem liegt der Maximalpegel beim Remix ein gutes Stück niedriger als bei der Ausgabe von 1976.

Wellenform-Diagramm für George Harrison – Beware Of Darkness
Wellenform-Diagramm für George Harrison – Beware Of Darkness

Während das Diagram für I’d Have You Anytime den Remix als etwas luftiger anzeigte, sehen wir im Diagramm für Beware Of Darkness das Gegenteil. Wenn überhaupt, dann sieht hier der Remix etwas dichter aus.

Wie unterscheidet sich die Loudness der 1976er- und der 2021-Pressung?

Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 1
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 1
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 1
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 1

Die Loudness-Messung mit dem Youlean Loudness Meter führen wir stets für die gesamte LP-Seite durch. Auf diese Weise lassen sich auch jene Stücke betrachten, die wir nicht im Wellenform- oder Frequenz-Diagramm näher beleuchten. Doch der Reihe nach. Der gemessene Lautheits-Wert für die Seite 1 der 1976er beträgt -16,9 LUFS integrated (Loudness Units relative to Full Scale), der für den Remix liegt bei -20,1 LUFS integrated. Das bedeutet, dass die 1976er im Durchschnitt um 3,2 dB lauter ist. Das ist eine ganze Menge! Besonders deutlich lässt sich dies an der Darstellung für die Dynamic Range im unteren Teil des Diagramms ablesen. Je breiter der Korridor, desto größer ist der Dynamikumfang an der jeweiligen Stelle des Stücks. Bei den Titeln 2 (My Sweet Lord) und 3 (Wah-Wah) fällt der Unterschied zwischen der 1976er und dem Remix besonders groß aus.

Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 2
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 2
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 3
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 4
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 4
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 2
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 2
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 3
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 3
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 4

Für die Seite 2 haben wir Werte von -18,1 (1976) und -20,1 (Remix) LUFS integrated gemessen. Der Unterschied fällt hier mit 2 dB immer noch groß, jedoch längst nicht so groß wie bei Seite 1 aus. Ein noch geringerer Abstand ergab sich für Seite 3. Die 1976er geht bei -19,2 LUFS integrated ins Ziel, der Remix bei -20,5. Die Differenz beträgt also nur 1,3 dB. In einer ähnlichen Rage wie Seite 2 bewegt sich auch die Seite 4, für die wir -18,5 (1976) und -20,6 (Remix) LUFS integrated gemessen haben.

Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 5
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 5
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 1976, Seite 6
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 5
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 5
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 6
Loudness-Messung für George Harrison – All Things Must Pass, 50th Anniversary, Seite 6

Anders als die Seiten 1-4, die ausproduzierte Studioaufnahmen beinhalten, wurden für die Seiten 5 und 6 sehr rohe Jam-Sessions verwendet. Hier fallen die Lautheitsunterschiede noch geringer aus, da die Songs niemals für den Einsatz im Radio optimiert wurden. Die Werte für Seite 5 betragen -18,5 (1976) vs. -18,7 LUFS integrated (Remix). Für die Seite 6 liegen die Werte bei -16,9 (1976) und -17,5 (Remix) LUFS integrated.

Wie unterscheiden sich die die Frequenzspektren der 1976er- und der 50th Anniversary-Pressung?

Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für George Harrison - I'd Have You Anytime
Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für George Harrison – I’d Have You Anytime

Das Frequenz-Spektrogramm für I’d Have You Anytime lässt keine großen Unterschiede zwischen den beiden Versionen erkennen. Der Pegel der 1976er ist insgesamt etwas höher, dieser Umstand bildet sich in einige längeren Ausschlägen der 1976er im Diagramm ab.

Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für George Harrison - What Is Life
Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für George Harrison – What Is Life

Anders das Spektrogramm für What Is Life. Hier zeigt ein Blick auf die Y-Achse, dass die 1976er bis in den Frequenzbereich um 15.000 Hertz hinein rote, also kräftige, Ausschläge ausweist. Beim Remix ist dagegen nördlich von 12.000 Hertz kaum noch etwas los.

Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für George Harrison – Beware Of Darkness
Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für George Harrison – Beware Of Darkness

Im Spektrogramm für Beware Of Darkness fallen die Unterschiede erneut groß aus. Hier zeigt das Bild für die 1976er viel mehr rote Flächen, während beim Remix über alle Frequenzbereiche weniger kräftige Ausschläge zu sehen sind.

Frequenz-Spektrogramm (logarithmische Skalierung) für George Harrison - I'd Have You Anytime
Frequenz-Spektrogramm (logarithmische Skalierung) für George Harrison – I’d Have You Anytime

Spektrogramme mit linearer Skalierung erlauben Aussagen über die mittleren, hohen und höchsten Frequenzen. Die logarithmische Skala hilft dabei, die tiefen Mitten und Bässe zu beurteilen. Im Spektrogramm für I’d Have You Anytime erkennen wir sofort, dass der Remix in den tiefen Mitten und Bässen wesentlich stärker ist als die 1976er-Version. Die violetten Flächen fallen demnach im unteren Spektrogramm üppiger aus als im oberen Teil für die 1976er. Im direkten Vergleich zeigt sich aber auch, dass die 1976er gleichzeitig oberhalb von 1000 Hertz bis in die höchsten Bereiche einfach lauter ist.  

Wie gut klingt die 1976er-Pressung von All Things Must Pass?

Vorab: All Things Must Pass war ein Millionenseller. Ganz so schlecht kann das Original also nicht gewesen sein. Denn schließlich wollten sowohl George Harrison als auch Produzent Phil Spector dasselbe wie auch die Plattenfirma: Viele Platten verkaufen.
Wenn man sich den Spector-Mix jedoch heute auf audiophilem Equipment anhört, klingt er einfach nicht mehr zeitgemäß. Denn Spector dickte alles mit einer Extraportion Hall auf. In den 70er Jahren entsprach solch ein Sound dem Zeitgeist. Songs mussten sich auch in billigen Transistorradios oder Jukeboxen durchsetzen. Heute klingt die Überdosis Hall vor allem blechern bei den Instrumenten und zu nasal bei der Stimme.

Wie gut klingt die 50th Anniversary-Pressung von All Things Must Pass?

Im Vergleich zum Original klingt der Remix natürlicher. Ohne die betont blechernen Hallfahnen des Originalmixes wird der Klang sofort runder und wärmer. Gleichzeitig gab Paul Hicks der Musik ein stabilers Fundament im Bass. Dieser bleibt dabei jedoch straff und dickt nicht unnötig auf. Neben der besseren Balance der Frequenzen trägt der größere Dynamikumfang zu einem natürlicheren und audiophileren Klang bei.

Traditionalisten lehnen solche Remixe rundweg ab. Wir sind da nicht so dogmatisch. In Fällen wie beispielsweise Plastic Ono Band von John Lennon waren wir mit dem Remix ebenfalls nicht glücklich. Den Remix von Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band von den Beatles ziehen wir aus klanglicher Sicht jedoch dem Original vor. Und für All Things Must Pass gilt dasselbe. Mission accomplished: Der Remix von Paul Hicks klingt besser als das Original.

Titelliste

Side 1

  • I’d Have You Anytime
  • My Sweet Lord
  • Wah-Wah
  • Isn’t It A Pity

Side 2

  • What Is Life
  • If Not For You
  • Behind That Locked Door
  • Let It Down
  • Run Of The Mill

Side 3

  • Beware Of Darkness
  • Apple Scruffs
  • Ballad Of Sir Frankie Crisp (Let It Roll)
  • Awaiting On You All
  • All Things Must Pass

Side 4

  • I Dig Love
  • Art Of Dying
  • Isn’t It A Pity (Version Two)
  • Hear Me Lord

Side 5

  • Out Of The Blue
  • It’s Johnnys Birthday
  • Plug Me In

Side 6

  • I Remember Jeep
  • Thanks For The Pepperoni
George Harrison All Things Must Pass 1976
George Harrison All Things Must Pass 1976
George Harrison All Things Must Pass 1976
George Harrison All Things Must Pass 1976
George Harrison All Things Must Pass 1976
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George Harrison All Things Must Pass 1976
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George Harrison All Things Must Pass 1976
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George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
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George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
George Harrison All Things Must Pass 50th Anniversary
InterpretGeorge Harrison
TitelAll Things Must Pass
LabelCapitolCapitol/Apple Records
KatalognummerSTCH 6393565241
Veröffentlicht19762021
Format3×12“3×12“
Umdrehungen/Minute33 1/333 1/3
CoverBoxsetBoxset
BeigabenBedruckte Innenhüllen, PosterBedruckte Innenhüllen, Poster
Lackschnittk.A.k.A.
PresswerkCapitol Records Pressing Plant, WinchesterGZ Media
Matrix-RunoutSTCH-1-639-Z26#6 ─◁ STCH-2-639-Z23#3 ─◁ STCH-3-639 G23 ─◁ ERT MASTERED BY CAPITOL STCH-4-639-Z23 #2 ─◁ STCH-5-639-Z34 #2 ─◁ STCH-6-639-Z34 #2 ─◁  3565261-A 220796E1 906242 3565261-B 220796E2 906244 3565262-A 220797E1 907409 3565262-B 220797E2 925866 3565263-A 220798E1 906240 3565263-B 220798E2 921315  
Auflage/Limitierung
Fortlaufende Nummer
HerstellungslandUSACzech Republik

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