My Aim Is True, das Debütalbum von Elvis Costello, war ursprünglich nur als Demo gedacht. Wieviel Klangqualität kann solch eine Probeaufnahme bieten? Mobile Fidelity hat alles herausgeholt.


Ein paar Hintergründe zu My Aim Is True
Costellos Debütalbum von 1977 – noch ohne die Attractions aufgenommen – beruht auf einer beinahe unglaublichen Geschichte. Eigentlich wollte sein Label Stiff Costello nur als Songwriter für Dave Edmunds verpflichten. Um Edmunds von Costellos Songwriter-Qualitäten zu überzeugen, wurden Demos von dessen Songs aufgenommen. In einem billigen Studio mit Mini-Budget und einer geliehenen Band aus Mitgliedern der Band Clover. Die Aufnahmen dauerten insgesamt nicht länger als 24 Stunden, gerieten aber so gut, dass Stiff vom ursprünglichen Plan wieder Abstand nahm und Costello schließlich doch noch als Künstler unter Vertrag nahm. Und die Demoaufnahmen als LP unter dem Titel My Aim Is True veröffentlichte. Der Rest ist Geschichte.
Welche Versionen von My Aim Is True vergleichen wir?
Die Stiff-Pressung ist bereits ein Reissue. My Aim Is True erschien 1977 – unsere Pressung kam 1984 in Italien in den Handel. Das Vinyl wiegt 142g und sie steckt in einem Single Sleeve und hat keine optisch erkennbaren Fehler.
Auch die Pressung von Mobile Fidelity Sound Lab (MoFi) zeigt keine sichtbaren Fehler, sie wiegt stolze 202g und wurde im Half Speed Mastering Verfahren geschnitten. Wie die meisten Releases der Original Master Recordings steckt auch die My Aim Is True von MoFi in einem Gatefold Cover aus sehr schwerem Karton. Dazu gibt es die übliche hochwertige Mofi-Innenhülle, Stiffener und die Lyrics sowie Abbildungen der originalen Masterbänder auf den Innenseiten des Klappcovers.
Das MoFi-Reissue orientiert sich an der US-Ausgabe und enthält das ursprünglich als Single veröffentlichte Watching The Detectives. Das Cover-Motiv orientiert sich an der Erstausgabe und zeigt einen grauen Hintergrund. Im Unterschied dazu besitzt das Bild auf dem Frontcover der italienischen Stiff einen grün eingefärbten Hintergrund, wie die meisten Reissues.
Wie klingt My Aim Is True im Vergleich der Pressungen von Stiff und MoFi?
Italienische Pressungen wie die von Stiff sind nicht direkt für ihre audiophile Qualität berühmt – diese hier hat aber was. Der Sound ist ganz auf Aggressivität getrimmt. Das passt nicht schlecht zu diesem vor Energie strotzenden New Wave-Klassiker.
Die MoFi ist dagegen wesentlich leiser. Bei angepasstem Pegel (so weit mussten wir den Lautstärkeregler nur selten hochschrauben) klingt die Stimme nicht mehr so aggressiv wie bei der älteren Pressung. Der Gesamtsound wirkt etwas runder. Da es sich beim Ausgangsmaterial aber um bessere Demos handelt, sind der audiophilen Pracht enge Grenzen gesetzt.
Weitere Alben aus den Jahren 1977/78 bei Uebervinyl.de
Wie unterscheiden sich Pegel und Frequenzgang der beiden Pressungen von My Aim Is True?

Kaum zu glauben, wie niedrig der Pegel der MoFi in Wirklichkeit ist. Im Unterschied dazu wurde das Zweispurband der Stiff stark mit einem Limiter bearbeitet (jedoch nicht ganz so stark wie Costellos zweites Album This Year’s Model). Der Pegel der Stiff erreicht häufig den Höchstwert (oberer roter Graph). Die Unterschiede zwischen lauten und leisen Passagen in der Musik werden so geringer.
Hier zeigt sich, dass die Aufnahmen ursprünglich nicht zur Veröffentlichung gedacht waren und daher im engeren Sinne gar nicht gemastert wurden. Shawn R. Britton von Mobile Fidelity Sound Lab entschied sich offenbar dazu, keine zusätzliche Kompression für das Summensignal anzuwenden. Wir hören das Demotape, wie es nach dem Mix im Studio geklungen hat.

Das Wellenform-Diagramm für Alison zeigt ein ähnliches Bild. Wieder wurde auf der 84er mit Limiter und Kompressor gearbeitet, um einen fürs Radio brauchbaren Durchschnittspegel zu erzeugen. MoFi verzichtete erneut auf nachträgliche Dynamikbearbeitung. Alison ist insgesamt aber nicht ganz so niedrig ausgesteuert wie beispielsweise Welcome To The Working Week.

Im Wellenform-Diagramm für Less Than Zero ist kaum noch Dynamikkompression zu erkennen. Beide Varianten weisen unterschiedlich lange Ausschläge für die Transienten (Pegelspitzen) auf. Die MoFi ist hier einfach nur leiser als die Stiff. Der Dynamikumfang dürfte derselbe sein.
Wie unterscheidet sich die Lautheit der Stiff- und der MoFi-Pressung?


Den Youlean Loudness Meter verwenden Toningenieure, um die Lautheit eines Masters zu messen. Für My Aim Is True ermittelten wir für die Stiff (oberes Diagramm) einen Wert von -18,9 LUFS integrated (Loudness Units relative to Full Scale), für die Mobile Fidelity -26,3 LUFS. Das bedeutet, dass die MoFi um 7,4 dB leiser ist als die Stiff. Eine so große Abweichung hatten wir noch nie. Achtung: Den siebten Titel der MoFi, Watching The Detectives, haben wir für diesen Vergleich außen vor gelassen, da dieser Song nur auf der MoFi enthalten ist. Der Vergleich bezieht sich nur auf die sechs Titel, die in beiden Varianten zu finden sind.


Die Loudness Messung für Seite 2 ergab zwar keinen ganz so krassen Unterschied zwischen den beiden Pressungen, aber immer noch eine stattliche Abweichung von 4,7 dB. Für die MoFi blieb der Zeiger bei -24,9 LUFS integrated stehen, bei der Stiff waren es -20,2 LUFS integrated.
Wie unterscheiden sich die Frequenzbereiche der beiden Pressungen?

Der höhere durchschnittliche Pegel der Stiff bildet sich auch im Frequenz-Spektrogramm ab. Hier gilt das Motto von Motörhead: „Everything Louder Than Everything Else“. Im oberen Diagramm sehen wir wesentlich mehr rote und insgesamt auch höhere Ausschläge, was ein Zeichen für mehr Energie im jeweiligen Frequenzbereich ist. Wegen der extrem großen Pegelunterschiede sind die Ergebnisse jedoch kaum vergleichbar.

Auch bei Alison kommt die Vergleichmethode per Spektrogramm an seine Grenzen. Wer ganz genau hinsieht, findet auch bei der MoFi Ausschläge bis ganz nach oben. Diese sind aber so viel leiser als bei der Stiff, dass sie kaum zu sehen sind.

Die logarithmische Skalierung erzeugt Spektrogramme für die Beurteilung der tiefen Frequenzen. Hier lässt die Stiff für Alison größere violette Flächen erkennen: Diese bilden laute Frequenzen überwiegend in den unteren Mitten zwischen 100 und 200 Hertz ab. Allerdings kommt auch hier der höhere Pegel der Stiff zum Tragen. Und anbetrachts des gewaltigen Pegelunterschieds hätten wir noch größere Differenzen im Bass erwartet. Dazu kommt, dass das Spektrogramm für Alison sogar größere Unterschiede abbildet als die anderen Diagramme. Wir legen uns fest: Die MoFi ist ganz sicher nicht schwach im Bass. Sie ist – und da wiederholen wir uns – einfach viel leiser.
Welche Pressung von Elvis Costello – My Aim Is True ist besser?
Die Mofi-Version ist im direkten Vergleich nicht nur leiser, sie wirkt auch etwas runder. Der besondere Reiz der MoFi besteht darin, dass sie praktisch unverändert das originale analoge Masterband wiedergibt. Ohen zusätzliche Dynamikkompression und fast ohne Frequenzbearbeitung. Klanglich sind bei diesen Low-Budget-Aufnahmen keine Wunder zu erwarten. Mobiel Fidelity Sound Lab holt aber alles aus dem Ausgangsmaterial heraus. Wie immer Geschmackssache. Ich bevorzuge die MoFi.
Titelliste
Side One
- Welcome To The Working Week
- Miracle Man
- No Dancing
- Blame It On Cain
- Alison
- Sneaky Feelings
- Watching The Detectives (nur Mofi)
Side Two
- (The Angels) Wanna Wear My Red Shoes
- Less Than Zero
- Mystery Dance
- Pay It Back
- I’m Not Angry
- Waiting For The End Of The World











Interpret | Elvis Costello | |
Titel | My Aim Is True | |
Label | Mobile Fidelity Sound Lab | Stiff |
Veröffentlicht | 2009 | 1984 |
Katalognummer | MFSL 1-329 | STLP 1006 |
Format | 12“ | 12“ |
Umdrehungen/Minute | 33 1/3 | 33 1/3 |
Typ | Album | Album |
Cover | Gatefold | Single Sleeve |
Beigaben | Stiffener | keine |
Mastered by | Shawn R. Britton | k. A. |
Presswerk | RTI | k.A. |
Matrix-Runout | ILLEGAL LEGS (Pig Symbol) MFSL 1-329A3 SRB/2 | STLP 1006-1L-5-3-84-DD-(Helix Symbol) |
Auflage/Limitierung | k. A. | – |
Fortlaufende Nummer | 002731 | – |
Herstellungsland | USA | Italien |
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