Pretenders – Pretenders (1980 vs. MoFi)

Das Debütalbum der Pretenders erschien in einer edlen Neuauflage von Mobile Fidelity. Wir haben untersucht, was daran besser klingt.

Pretenders - Pretenders, Ariola/Sire 1980
Pretenders – Pretenders, Ariola/Sire 1980
Pretenders - Pretenders, Mobile Fidelity 2016
Pretenders – Pretenders, Mobile Fidelity 2016

Welche Versionen des Debütalbums der Pretenders vergleichen wir?

Bei unserem Exemplar des Debütalbums der Pretenders aus dem Jahr 1980 handelt es sich um eine frühe deutsche Pressung aus dem Hause Ariola/Sire, gepresst bei Sonopress.

2016 erschien die Pressung von Mobile Fidelity Sound Lab in der Original Masters Serie. Das Mastering übernahm Rob LoVerde, den Lackschnitt besorgte Krieg Wunderlich und die Pressung stammt von Record Technology Inc (RTI).

Ein paar Hintergründe zu Pretenders – Pretenders

Das selbstbetitelte Debütalbum der Pretenders erschien in den USA bereits im Dezember 1979, in Europa jedoch erst im Januar 1980. Stop Your Sobbing, die erste Single, war noch unter der Regie von Produzent Nick Lowe (Elvis Costello, Graham Parker etc.) entstanden. Doch Lowe glaubte nicht daran, dass aus der Band jemals etwas werden könnte. Daher gab er die Produzentenrolle dankend an Chris Thomas ab. Dieser hatte zuvor mit so unterschiedlichen Bands wie den Beatles, Pink Floyd oder den Sex Pistols gearbeitet und kam offenbar bestens mit der britisch-amerikanischen Band um die Sängerin Chrissie Hynde zurecht: Das Album schoss in Großbritannien gleich in der Woche nach Veröffentlichung auf Platz eins der Albumcharts. In den USA schaffte es das Album immerhin unter die Top 10 der Billboard-Charts und bekam 1982 Platin-Status zuerkannt.

Nick Lowe fragt sich wahrscheinlich immer noch, ob er vielleicht etwas übersehen hat.

Wie sind die Platten ausgestattet?

Das gute Stück aus dem Jahr 1980 besitzt ein bescheidenes Single Sleeve und bekam laut Discogs ursprünglich mal ein bedrucktes Innersleeve. Dies ist bei unserem Album nicht mehr vorhanden. Die Scheibe selbst wiegt gerade mal 136g mit Hülle.

Die MoFi bringt dagegen stolze 196g auf die Waage. Am Vinyl wurde bei Mobile Fidelity also schon mal nicht gespart. Auch der Karton für das Gatefold-Cover wurde aus extraschwerem Karton gefertigt. Die Platte befindet sich in den hochwertigen, antistatischen MoFi-Hüllen und erhielt zum Schutz noch den üblichen Stiffener, also eine Hülle aus dünnem Karton.

Wie gut klingen die 1980er- und die MoFi-Pressung von Pretenders?

Erster Eindruck: Die 1980er ist lauter – die MoFi klingt runder. Der Opener Precious legt in beiden Varianten los wie die Feuerwehr. In der MoFi-Version scheinen aber mehr Details wie beispielsweise die Glocke des Ride-Beckens durch, auch der Gesang wirkt relativ zur Band einen Tick lauter. Dafür stellt die 1980er die Gitarren etwas weiter in den Vordergrund.

Die Klangunterschiede sind längst nicht so krass wie beispielsweise bei Beggars Banquet von den Rolling Stones. Doch die Differenzen im Klangcharakter der beiden Pressungen ziehen sich durch das gensamte Album. Die Mofi zeigt generell mehr Details und wirkt transparenter. Die einzelnen Instrumente sind genauer definiert und lassen sich besser unterscheiden. Gleichzeitig gibt es mehr Luft in den Höhen, alles klingt glanzvoller. Beispiele: In The Phone Call verschwindet die Hihat des Schlagzeugs auf der 1980er beinahe im Bandsound, die MoFi zeigt die Akzente klar und deutlich. Bei Up The Neck und Tatooed Love Boys lässt sich der Unterschied an der Stimme von Chrissie Hynde festmachen: Die Mofi macht sie etwas heller, in der 1980er Version bleibt die Stimme etwas bedeckt.

Weitere Alben aus den Jahren 1980/81 bei Uebervinyl.de

Wie unterscheiden sich Pegel und Frequenzgang der 1980er- und der MoFi-Pressung?

Wellenform-Diagramm für Precious
Wellenform-Diagramm für Precious

Das Wellenform-Diagramm für Precious verdeutlicht, dass bei der 1980er Variante viel mehr mit Kompressor und Limiter gearbeitet wurde. Die Pegelspitzen der frühen Pressung erreichen wesentlich häufiger den Anschlag des Limiters. Die Mofi lässt dagegen viel mehr Headroom für Dynamikunterschiede (grüne Pfeile). Einzige Ausnahme: Der Abschlag am Ende des Stücks wurde für die MoFi wesentlich lauter geregelt als bei der 80er (gelbe Pfeile).

Wellenform-Diagramm für Private Life
Wellenform-Diagramm für Private Life

Private Life wurde im Unterschied dazu auch schon bei der 1980er kaum komprimiert. Die Dynamikunterschiede der beiden Versionen sind fast zu vernachlässigen.

Frequenz-Spektrogramm für Private Life
Frequenz-Spektrogramm für Private Life

Das Frequenz-Spektrogramm für Private Life bestätigt den Höreindruck. Im oberen Diagramm (1980er) sind die Höhen bei etwa 15.000 Hertz wie mit dem Lineal abgeschnitten. Die MoFi reicht in den hohen Frequenzen ein ganzes Stück weiter und wirkt nicht beschnitten. Gleichzeitig spielt der Bass (violette Flächen am unteren Rand) der MoFi erkennbar tiefer als bei der 1980er.

Wellenform-Diagramm für Brass In Pocket
Wellenform-Diagramm für Brass In Pocket

Brass in Pocket unterscheidet sich im Dynamikumfang beider Pressungen kaum. Hier wird in beiden Fällen ein ähnlicher (und radiofreundlicher) Durchschnittspegel erreicht.

Frequenz-Spektrogramm für Brass In Pocket
Frequenz-Spektrogramm für Brass In Pocket

Dafür weicht das Frequenz-Spektrogramm für die beiden Varianten von Brass In Pocket stark voneinander ab. Hier fällt die Differenz an Höhenanteil noch deutlicher zugunsten der MoFi aus. Und auch in den Bässen ist die MoFi etwas besser bestückt.

Welche Pressung von Pretenders – Pretenders ist besser?

MoFi Mastergott Krieg Wunderlich hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Das Debütalbum der Pretenders will eher ein schnörkelloses Rockalbum denn ein audiophiles Meisterwerk sein. Dennoch fand er für die MoFi einige Klangreserven, die bei der 1980er sträflich vernachlässigt wurden. Die MoFi klingt auf der ganzen Linie erwachsener und vielschichtiger, ohne jeden Mangel Druck und Direktheit, die ein gutes Rockalbum haben muss. Hat der flachere Mix dem Erfolg des Albums geschadet? Ganz sicher nicht. Aber der Klang der MoFi macht hier eine gute Sache noch ein gutes Stückchen besser.

Titelliste

Side 1

  • Precious
  • The Phone Call
  • Up The Neck
  • Tattooed Love Boys
  • Space Invader
  • The Wait
  • Stop Your Sobbing

Side 2

  • Kid
  • Private Life
  • Brass In Pocket
  • Lovers Of Today
  • Mystery Achievement
Das  Cover unterscheidet sich erst auf den zweiten Blick ...
Das Cover unterscheidet sich erst auf den zweiten Blick …
Auf der Rückseite des Debütalbums der Pretenders ...
Auf der Rückseite des Debütalbums der Pretenders …
Pretenders - Pretenders, 1980, Seite 1
Pretenders – Pretenders, 1980, Seite 1
Pretenders - Pretenders, 1980, Seite 2
Pretenders – Pretenders, 1980, Seite 2
... die MoFi-Banderole ist in dezentem Weiß ausgeführt.
… die MoFi-Banderole ist in dezentem Weiß ausgeführt.
... fällt der MoFi-Block am unteren Ende auf.
… fällt der MoFi-Block am unteren Ende auf.
Die Innenseite des MoFi-Gatefolds zeigt vermutlich das ...
Die Innenseite des MoFi-Gatefolds zeigt vermutlich das …
... Layout der ursprünglichen Innenhülle des Albums.
… Layout der ursprünglichen Innenhülle des Albums.
Pretenders - Pretenders, 2016 MoFi, Seite 1
Pretenders – Pretenders, 2016 MoFi, Seite 1
Pretenders - Pretenders MoFi S2
Pretenders – Pretenders, 2016 MoFi, Seite 2
InterpretPretenders
TitelPretenders
LabelAriola/SireMobile Fidelity Sound lab
Katalognummer201 560-320MFSL 1-372
Veröffentlicht19802016
Format12“12“
Umdrehungen/Minute33 1/333 1/3
CoverSingle SleeveGatefold
BeigabenStiffener
LackschnittKrieg Wunderlich
PresswerkSonopressRTI
Matrix-Runout201560 A-1/80S 201560 B-2/80SMFSL1-372 A1 KW@MoFi 23148.1(3) MFSL1-372 B7 KW@MoFi 23148.2(3)
Auflage/Limitierungk.A.
Fortlaufende Nummer2942
HerstellungslandDeutschlandUSA