Quadrophenia – The Who (USA 1973 vs. EU 2015)

Quadrophenia von The Who hat als Rockoper die Zeit gut überdauert. Doch klanglich kann nur eine der beiden LP-Pressungen überzeugen.

Wie entstand Quadrophenia von The Who?

The Who – Quadrophenia, Track Records/MCA USA 1973
The Who – Quadrophenia, Track Records/MCA USA 1973
The Who – Quadrophenia, Track Records/Universal EU 2019
The Who – Quadrophenia, Track Records/Universal EU 2019

Quadrophenia ist die zweite Rockoper von The Who. Sie erschien im Oktober 1973 und wurde komplett von Pete Townshend komponiert. Thema ist die Mod-Szene im London der frühen 60er Jahre rund um einen jungen Mod namens Jimmy. Der Titel ist eine Verfremdung des Begriffs Schizophrenie (engl. Schizophrenia) und bezeichnet die vierfach gespaltene Persönlichkeit Jimmys. Und jede Persönlichkeit steht wiederum für ein Bandmitglied der Who. Nunja, so waren die 70er eben.

Die Aufnahmen fanden erstmals im bandeigenen Studio The Kitchen in Battersea statt. Abgemischt wurde in Pete Townshends privatem Studio Eel Pie Sound ebenfalls in London..

Welche Versionen von Quadrophenia vergleichen wir?

Pressung 1: Die US-Erstpressung aus dem Jahr 1973, erschienen bei MCA, wurde im MCA Presswerk Gloversville, New York gepresst. Das Gatefold-Cover war ursprünglich mal grau, ist aber inzwischen zu einem eher bräunlichen Ton vergilbt. Es beinhaltet ein 44seitiges Booklet mit Songtexten und fantastischen Fotos, die die wichtigsten Stationen der Story bebildern. Besonderheit: Das 128g leichte Vinyl wurde auto-coupled gepresst. Deshalb finden sich die Seiten 1 und 4 auf der ersten LP, die Seiten 2 und 3 auf LP Nummer zwei. So sollten sich mit speziellen Plattenwechslern zwei Plattenseiten hintereinander abspielen lassen, ohne die LP manuell umzudrehen.

Pressung 2: Wir vergleichen mit einer Neuauflage aus dem Jahr 2015 auf Track Record/Universal, die von Miles Showell in den Abbey Road Studios remastert und auf Lack geschnitten wurde. Normalerweise macht Showell dies im Half-Speed-Mastering-Verfahren (beispielsweise für Bob Marley, Genesis, The Police oder die Rolling Stones). Darauf findet sich aber weder in den Liner Notes noch im Deadwax irgendein Hinweis. Das Gatefold-Cover sowie das Booklet unterscheiden sich inhaltlich kaum vom Original – abgesehen vom strahlend grauen Farbton. Das Vinyl ist dagegen stolze 200g schwer und wurde in der üblichen Sequenz gepresst: Seite 1 und 2 auf LP 1, Seite 2 und 3 auf LP 2.

Wie unterscheiden sich die Pegel und Dynamik der 1973er- und der 2015er-Pressung?

Wellenform-Diagramm für The Real Me
Wellenform-Diagramm für 5:15
Wellenform-Diagramm für I’m One
Wellenform-Diagramm für Doctor Jimmy

In Punkto Pegel und Dynamik unterscheiden sich die Wellenform-Diagramme kaum. In den lauten Passagen aller vier Songs zeigt sich in beiden Versionen ungefähr dasselbe Maß an Kompression und Limiting. In den leiseren Stellen bleiben die Pegel so weit unter dem Anschlag des Begrenzers, dass sich ebenfalls kein Unterschied feststellen lässt.

Bei genauer Betrachtung fällt aber auf, dass die 2015er-Pressung stets etwas kürzer ausfällt. Die Differenz ist nicht riesig, beträgt aber bei allen Songs ungefähr eine Sekunde. Zugegeben, bei Quadrophenia gehen die meisten Stücke ohne Pause ineinander über. Daher ist es schwierig, Anfang und Ende exakt zu bestimmen. Doch über die gesamte Laufzeit einer LP-Seite addierte sich die Differenz zu einigen Sekunden auf. Wie schon bei Who’s Next lief also auch hier beim Reissue das Masterband etwas schneller als beim ursprünglichen Mastering 1973. Doch dazu gleich mehr.

Wie unterscheidet sich die Loudness der 1973er- und der 2015er-Pressung?

Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/MCA USA 1973, Seite 1
Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/MCA USA 1973, Seite 2
Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/MCA USA 1973, Seite 3
Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/MCA USA 1973, Seite 4
Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/Universal EU 2019, Seite 1
Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/Universal EU 2019, Seite 2
Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/Universal EU 2019, Seite 3
Loudness-Messung für The Who – Quadrophenia, Track Records/Universal EU 2019, Seite 4

Die Messwerte in Loudness Units relative to Full Scale (LUFS)) im Einzelnen

 USA 1973EU 2015
Seite 1-18,2-18,4
Seite 2-18,6-18,5
Seite 3-18,2-17,5
Seite 4-18,9-18,7

Auch die Loudness-Messung mit dem Youlean Loudness Meter zeigt in erster Linie Übereinstimmungen zwischen den beiden Versionen. Im großen und ganzen sind beide Pressungen ungefähr gleich laut. Mit einer Ausnahme: Seite 3 ist in der Version aus dem Jahr 2015 mit -17,5 LUFS integrated gegenüber -18,2 LUFS integrated (1973) um etwa 1,3 dB lauter als das Original von 1973.

Die Sache mit dem unterschiedlichen Tempo zeigt sich vor allem bei den Seiten 2, 3 und 4. Hier beträgt der Laufzeitunterschied am Ende einer LP-Seite zwischen 7 und 9 Sekunden, das entspricht einer Tempodifferenz von 0,6 bis 0,7 Prozent.

Wie unterscheiden sich die die Frequenzspektren der 1973er- und der 2015er-Pressung?

Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für I Am The Sea
Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für 5:15
Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für I’m One
Frequenz-Spektrogramm (lineare Skalierung) für Doctor Jimmy

Die Frequenz-Spektrogramme ähneln sich trotz der Tempodifferenzen wie ein Ei dem anderen. Es lassen sich keine Spuren von Bearbeitung per Equalizer oder Filter erkennen. Schon gar keine digitalen Filtermaßnahmen, wie wir sie etwa bei The Wall von Pink Floyd, gemastert von Legende Bernie Grundman, entdeckten. Dabei ist Miles Showell, der das Remaster von 2015 geschnitten hat, bestens bekannt dafür, dass er in aller Regel vom digitalen File mastert. Rein optisch bleibt der Eindruck eines komplett analogen Remasters.

Welche Pressung von Quadrophenia klingt besser?

Nach dem Eindruck der Diagramme durfte man keine großen Klangunterschiede erwarten. Pustekuchen. Die 1973 klingt runder und wärmer, während die 2015er leicht blechern und gepresst tönt. Ganz deutlich zu hören ist dies bei der Lead-Stimme von Roger Daltrey. Sie klingt auf der Erstpressung offener und natürlicher während man auf der 2015er einen leichten Schnupfen des Sängers vermuten könnte. Ganz ähnlich die Gitarren, die sich auf der 2015er etwas zu weit in den Vordergrund drängeln. Positiv gesprochen bekommen auch die Bläser, die sich im selben Frequenzbereich aufhalten, etwas mehr Biss. Auf der 1973er hingegen sind alle Instrumente in den Gesamtsound eingebettet. Die Erstpressung von 1973 spielt mit mehr Finesse und weniger vordergründig als das Reissue von 2015.

Der Neuauflage muss man zugute halten, dass das Cover samt Booklet wirklich aufwendig und sorgfältig dem Original nachempfunden wurde. Wer also beispielsweise ein Original mit beschädigtem oder fehlendem Booklet besitzt, kann guten Gewissens zur Neuauflage greifen. Aus klanglichen Gründen würde ich aber das Original empfehlen. Die frühen US-Pressungen sind auf dem Gebrauchtmarkt aktuell noch günstig zu haben und klingen einfach besser.

Titelliste

Side 1

  • I Am The Sea
  • The Real Me
  • Quadrophenia
  • Cut My Hair
  • The Punk And The Godfather

Side 2

  • I’m One
  • The Dirty Jobs
  • Helpless Dancer
  • Isn’t It In My Head
  • I’ve Had Enough

Side 3

  • 5:15
  • Sea And Sand
  • Drowned
  • Bell Boy

Side 4

  • Doctor Jimmy
  • The Rock
  • Love, Reign O’er Me
The Who - Quadrophenia 1973
The Who - Quadrophenia 1973
The Who - Quadrophenia 1973
The Who - Quadrophenia 1973
The Who - Quadrophenia 1973
The Who - Quadrophenia 1973
The Who - Quadrophenia 1973
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
The Who - Quadrophenia 2015
InterpretThe Who
TitelQuadrophenia
LabelTrack Record/MCATrack Record/Universal
KatalognummerMCA2-100042780504
Veröffentlicht19732015
Format2×12“2×12“
Umdrehungen/Minute33 1/333 1/3
CoverGatefold CoverGatefold Cover
Beigaben
Lackschnittk.A.Miles Showell
PresswerkMCA Pressing Plant, PinckneyvilleGZ Media
Matrix-RunoutS1-MCA 360 W5 TML ⧈-G-⧈ S2-MCA 362 W6 TML ⧈-G-⧈ S3-MCA 363 W6 TML ⧈-G-⧈ S4-MCA 361 W6 TML ⧈-G-⧈www.gzvinyl.com – 2780505 – A 94741E1/A 2780505 – A Ⓜ MILES 94741E2/A 2780505 – B Ⓜ MILES www.gzvinyl.com – 2780506 – A 94741E3/A 2780506 – A Ⓜ MILES 94741E4/A 2780506 – B Ⓜ MILES          
Auflage/Limitierung
Fortlaufende Nummer
HerstellungslandUSAEU