Mit Murmur, dem ersten Album von R.E.M. begann deren Weltkarriere. Die LP gibt es als günstige Neuauflage in der Back to Black-Serie. Leider kommt sie nicht ganz an das Original heran.
Wie entstand Murmur von R.E.M.?
Murmur heißt das erste volle Studioalbum von R.E.M., es erschien im April 1983. Zuvor waren die Single Radio Free Europe und die EP Chronic Town veröffentlich worden, beide mit dem Produzenten Mitch Easter.
Die Vorbereitungen für Murmur begannen im Dezember 1982 jedoch mit dem Produzenten Stephen Hague (Ex-Mitglied der Band Jules And The Polarbears), den die Plattenfirma als besser geeignet ansah, um R.E.M. den nächsten Karriereschritt zu ermöglichen. Allerdings vertrug sich dessen Hang zur technischen Perfektion nicht mit der Arbeitsweise der Band. Als er schließlich ohne Wissen der Band Keyboard-Parts aufnahm, lief das Fass über. R.E.M. forderte Mitch Easter zurück, der gemeinsam mit Don Dixon Murmur schließlich produzierte.
Nach der schlechten Erfahrung mit Hague verzichtete die Band auf typische Rock-Elemente wie Gitarrensolos oder Synthesizer. Die Produzenten Easter und Dixon unterstützten diese Haltung und hielten sich aus dem Produktionsprozess so weit heraus wie nur möglich. Das Ergebnis ist ein Meilenstein des aufkeimenden Alternative-Rock mit einem völlig zeitlosen Sound, der schon erste Anklänge an die späteren Millionenseller Automatic for The People und Out Of Time beinhaltet.


Welche Versionen von Murmur vergleichen wir?
Pressung 1: Das genaue Jahr der Veröffentlichung dieser Pressung bleibt unklar. Vermutlich wurde sie um das Jahr 1984 herum gepresst, als das Interesse an R.E.M. auch in Europa größer wurde. Sie steckt in einem Single Sleeve, besitzt eine bedruckte Innenhülle und wurde in den Niederlanden bei CBS in Haarlem auf 128g Vinyl gepresst.
Pressung 2: Unser Vergleichsexemplar stammt aus der Back To Black-Serie und wurde 2009 bei United Record Pressing in den USA auf 222g Vinyl gepresst, nachdem es bei Sterling Sound remastert wurde. Wie das Original besitzt auch die Neuauflage ein Single Sleeve und eine bedruckte Innenhülle.
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Wie unterscheiden sich die Pegel und Dynamik der Back-To-Black- und der 1984er-Pressung?

Das Wellenform-Diagramm für Radio Free Europe offenbart keine krassen Unterschiede zwischen den beiden Versionen. Weder im Intro noch im Outro wurden die leisen Passagen hochkomprimiert. Während des gesamten Stücks werden zwar viele Pegelspitzen abgeschnitten, aber in beiden Varianten etwa gleich viele. Zudem bilden die Spitzen auch bei der Back to Black-Neuauflage eine etwas ungerade Linie, was auf den Einsatz eines analogen Kompressor/Limiters schließen lässt, wie er Anfang der 80er Jahre noch beim Mastern gebräuchlich war. Jedenfalls kein moderner Brickwall-Limiter, der aus allen Signalen denselben Maximalpegel herauspresst.

Ein anderes Bild zeigt das Diagramm für Pilgrimage. Beim Original aus dem Jahr 1984 sind deutliche Unterschiede zwischen lauteren und leiseren Passagen zu sehen. Nicht so bei der Back to Black. Hier wurden diese Unterschiede stark angeglichen. Besonders deutlich ist dies zu sehen in der ersten Minute sowie ab etwa 2:30 Minuten. Schade.

Catapult kommt mit weniger von solchen Eingriffen aus, wie das Diagramm verdeutlicht. Höchstens im Intro scheint die Back to Black etwas stärker komprimiert zu sein. Andererseits weist auch das Original keine wesentlich leiseren Passagen auf.
Wie unterscheidet sich die Loudness der Back-To-Black- und der 1984er-Pressung?


Was in den Wellenformen noch wie eine leichte, punktuelle Kompression aussah, erweist sich in der Loudness-Messung mit dem Youleam Loudness Meter als systematische Dynamikreduktion. Für die Seite 1 der 1984er-Pressung von Murmur ermittelten wir einen Wert von -21,8 LUFS integrated (Loudness Units relative to Full Scale) während der Zeiger für die Back to Black bei -20,6 LUFS integrated stehen blieb. Die Back to Black ist auf Seite 1 also um 1,2 dB lauter als das Original. Besonders deutlich bemerkbar macht sich dies bei den Titeln 2 (Pilgrimage) und 3 (Laughing), wo die grünen Passagen der 1984er bei der Back to Black fast durchgängig in gelb angezeigt werden.


Auf der Seite 2 blieb der Back to Black diese Extraportion Kompression erspart und der Unterschied zwischen den Messwerten fällt dementsprechend geringer aus. -19,7 LUFS integrated waren es für die 1984er und -20,1 LUFS integrated für die Back to Black. Das Delta bei der Loudness beträgt also gerade mal 0,4 dB. Im Diagramm lässt sich vor allem bei letzten Titel West Of The Fields ein großer Unterschied der Diagramme feststellen. Alles andere scheint in beiden Versionen relativ ähnlich zu sein.
Wie unterscheiden sich die die Frequenzspektren der Back-To-Black- und der 1988-Pressung?

Im Spektrogramm für Radio Free Europe finden sich viele Übereinstimmungen und einige Unterschiede, vor allem in den obersten Lagen. Die Back to Black weist mehr Ausschläge bis an den obersten Rand des Diagramms auf als die 1984er. Zudem sehen wir einen auffälligen „Streifen“ im Spektrogramm der Back To Black ober- und unterhalb von 19.000 Hertz. Diese Frequenzbereiche sind für das menschliche Ohr kaum noch konkret hörbar. Im Rahmen eines Mixes nimmt man sie aber als „Air“ wahr, also als Luftigkeit.

Der Streifen rund um die 19 kHz findet sich auch im Spektrogramm für Pilgrimage. Ebenso wie die häufigeren Ausschläge an den oberen Rand des Diagramms. Auch die höhere Komprimiereung in den eigentlich leiseren Passagen schlägt sich im Spektrogramm nieder. Die entsprechenden Abschnitte weisen mehr rote Bereiche auf, die den höheren Energiegehalt darstellen.

Spektrogramme mit linearer Skala berichten von den Unterschieden in den mittleren und hohen Lagen. Aus dem Spektrogramm für Radio Free Europe mit logarithmischer Skala lassen sich die Unterschiede in den tiefen Registern ablesen. Sofern es welche gibt. Hier finden sich eher keine. Die unteren Mitten und Bässe sehen wir als violette Flächen, die ungefähr gleich groß ausfallen. Etwas größer bei der Back to Black, die jedoch insgesamt etwas lauter ist.
Wie gut klingt die Back-To-Black-Pressung von Murmur?
Im Vergleich zur 1984er klingt die Back to Black-Version von Murmur etwas fetter, was an der höheren Kompression liegt. Bei Stimmen und Instrumenten finden sich keine charakteristischen Unterschiede zur 1984er. Die größere Präsenz wird jedoch erkauft durch weniger Dynamik – vor allem auf Seite 1. Die Experten von Sterling Sound haben beim Remastering versucht, alles aus den Aufnahmen herauszuholen und nichts zu verfälschen. Etwas breitere Stereobühne inklusive. Insgesamt blieb der Klangcharakter des Originals erhalten, es fehlt nur ein wenig Dynamik.
Wie gut klingt die 1984er-Pressung von Murmur?
Murmur ist ein ein Low-Budget Debütwerk und ganz sicher keine audiophile Hochglanzproduktion. Das erste Album von R.E.M. rangiert klanglich eher in der Liga von anständigen Demoaufnahmen. Den vollen Charme dieser Aufnahmen gibt das LP-Original von 1984 wieder. Ist das der bestmögliche Klang? Nein. Aber wo nichts ist, lässt sich auch nichts polieren. Wer also ein guterhaltenes Exemplar aus den frühen Jahren findet, ist wahrscheinlich besser bedient als mit der Neuauflage.
Titelliste
Side 1
- Radio Free Europe
- Pilgrimage
- Laughing
- Talk About The Passion
- Moral Kiosk
- Perfect Circle
Side 2
- Catapult
- Sitting Still
- 9-9
- Shaking Through
- We Walk
- West Of The Fields












Interpret | R.E.M. | |
Titel | Murmur | |
Label | I.R.S. Records | I.R.S. Records, Back To Black |
Katalognummer | ILP 465378 1 | B0013015-01 |
Veröffentlicht | 1984 | 2009 |
Format | 12“ | 12“ |
Umdrehungen/Minute | 33 1/3 | 33 1/3 |
Cover | Single Sleeve | Single Sleeve |
Beigaben | Bedruckte Innenhülle | Bedruckte Innenhülle |
Lackschnitt | k.A. | k.A. |
Presswerk | CBS Haarlem | United Record Pressing |
Matrix-Runout | 24-25433-1A-1B NL 24-25433-1B-1 B | B0013015-01A RJ STERLING ② B0013015-01B RJ STERLING ② |
Auflage/Limitierung | – | – |
Fortlaufende Nummer | – | – |
Herstellungsland | Niederlande | USA |
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