Revolver von den Beatles wurde zuletzt zweimal wiederveröffentlicht. Wir haben verglichen und wissen jetzt, warum Mono im Zweifel besser ist.


Welche Versionen von Revolver vergleichen wir?
Hier stehen zwei Reissues von Revolver im Duell, die zwar viel gemeinsam haben, und doch kaum unterschiedlicher sein könnten. Klingt komisch, ist aber so.
Zunächst die Gemeinsamkeiten: Beide sind relativ jung. Die Stereo-Version wurde 2012 veröffentlicht, die Mono 2014. Beide hat Sean Magee in den Abbey Road Studios geschnitten und Optimal hat beide auf 180g Vinyl gepresst. Auch das Cover unterscheidet sich nicht auf den ersten Blick. Die Vorderseite schmückt die Collage von Klaus Voormann, die Rückseite zeigt das Bild der Beatles. In beiden Fällen ist dort kein Barcode zu sehen, sogar der originale Hinweis auf das EMI-Reinigungsmittel Emtex hat auf beiden Versionen die Jahrzehnte überlebt.
Jetzt aber zu den Unterschieden. Die 2012er ist eine Stereo-Version, die auf den digitalen CD-Remasters aus dem Jahr 2009 basiert. Damals wurde der komplette UK-Albenkatalog neu digitalisiert und für CD-Reissues neu gemastert. Drei Jahre später dienten diese Masterfiles für Vinyl-Veröffentlichungen. Aus dieser Serie stammt auch unsere 2012er Revolver. Es handelt sich also um eine an moderne Hörgewohnheiten angepasste, leicht modernisierte Fassung des originalen Albums in aktueller Digitaltechnik.
Einen gegenteiligen Ansatz verfolgt unsere 2014er Mono-Version. Sie will eine historisch korrekte, detailgetreue Kopie der Mono-Erstveröffentlichung sein. 2014 erschien das Boxset The Beatles in Mono, das alle UK-Alben in der Einkanalversion enthielt, die auf Basis der originalen analogen Mastertapes geschnitten wurden. Dabei blieb der komplette Signalpfad analog und die Tontechniker hielten sich streng an die Notizen der Techniker der Erstpressung. Ziel war es, so nah wie möglich am Original zu bleiben, wie es im August 1966 veröffentlicht wurde. uebervinyl.de hat aus dieser Box bereits Please Please Me und Rubber Soul genauer betrachtet. Auch beim Cover hat man keine Mühen gescheut, und die aufwendigen zweiteiligen „Flipback“-Cover nochmal wiederbelebt. Dabei wird die Vorderseite auf ein anderes Stück Karton gedruckt, als die Rückseite. Die Vorderseite ist glänzend laminiert. Die Rückseite bleibt matt. Sie wird gehalten von der über die Kante geklappten Falz. Genau so sahen die Erstausgaben von Revolver 1966 in UK aus.
Ein paar Hintergründe zu Revolver von den Beatles
Von Revolver hatte wir zuvor bereits zwei Stereo-Fassungen verglichen. Aber warum ist die Mono-Version so wichtig? Weil die Beatles nicht viel auf Stereo gaben. Bis 1968 erschienen alle Beatles Alben im Vereinigten Königreich auch und zuallererst in Mono. An der Mono-Abmischung wirkten zumeist alle Beatles mit. Die Stereo-Mixes erledigten häufig George Martin oder seine Toningenieure im Alleingang. Auch Revolver erhielt auf diese Weise einen Zweikanal-Mix im gefürchteten Beatles-Stereo: Die Band in einem Kanal, Overdubs im anderen Kanal. Und der Gesang, wenn‘s gut läuft, in der Mitte. Manchmal aber auch ausschließlich aus einem Stereo-Kanal.
Die Mono-Fassungen klingen also genau so, wie es die Beatles einst selbst abgesegnet haben. Manche Fans behaupten sogar, man habe die Beatles noch nie gehört, so lange man sie nicht in Mono gehört hat.
Wie gut klingen die 2012er- und die Mono-Pressung von Revolver?
Die Monomischung hat hier schon mal den Vorteil, dass das Stereobild nicht so krass auseinanderfällt wie im Stereomix. Der Gesang ist in der Zweikanal-Variante zwar überwiegend im Zentrum zu finden, doch selbst frühere Beatles-Alben erhielten eine moderner klingende Stereoabmischung als Revolver. Beatles For Sale aus dem Jahr 1964 ist so ein Beispiel. Warum die Beatles danach bei Help!, Rubber Soul und sogar Sgt. Pepper wieder auf das Steinzeit-Stereo zurückfielen, können wir uns nicht erklären.
So fällt die Unwucht des Stereo-Mixes in Taxman sofort störend auf. Die Band hat sich in den linken Kanal zurückgezogen, rechts sind ein paar Overdubs beheimatet, vor allem aber die Kuhglocke! Einzig die Gesangsspuren stehen messerscharf im Zentrum. Im Unterschied dazu entwickelt die Mono-Version mehr Druck. Obwohl nur ein Kanal zur Verfügung steht, lässt sich jedes Instrument klar und deutlich heraushören.
In Eleanor Rigby rückt Paul McCartneys Stimme im Stereopanorama ein gutes Stück nach rechts. Dafür wurde sie per Equalizer etwas aufpoliert. In der Mono-Version wird sie offenbar in einem recht engen Mittenspektrum begrenzt, in der 2012er Fassung besitzt sie etwas mehr Grundton und ein paar Höhen mehr.
Diese Grundcharakteristik bleibt auch bei Here There and Everywhere erhalten. Die Stimmen auf der Mono-Pressung klingen ein wenig (wirklich nur ein wenig) wie durchs Telefon. In den 60er Jahren war dies nötig, damit sie sich auch bei der Wiedergabe auf schrottigen Kofferplattenspielern gut durchsetzen. Die 2012er erzeugt ein moderneres Klangbild, das ein wenig mehr nach Hifi klingt und wahrscheinlich auch auf Bluetooth-Boxen und In-ear-Kopfhörern die bessere Figur macht. Die Mono erzeugt dagegen ein warmes, rundes Klangbild, das ohne Umwege das Herz öffnet.
Dieser Hifi-Klang kommt auch bei Tomorrow Never Knows zum Tragen. Die 2012er gibt den einzelnen Trommeln mehr Körper. Die Bassdrum hat mehr Bums. In den 60er Jahren legten die Toningenieure beim Mastern Wert darauf, dass keine zu lauten Akzente im Bass auf die Platte kamen. Bei schlechten Plattenspielern sprang sonst häufig die Nadel. Solche Probleme sind heute weitgehend überwunden, daher kann die 2012er hier etwas mehr Gas geben.
Was der Mono-Fassung jedoch im Frequenzgang fehlt, macht sie mit der kompakteren Stereobühne locker wieder gut.
Weitere Alben aus den Jahren 1965/66 bei Uebervinyl.de
Wie unterscheiden sich Pegel und Frequenzgang der Remaster- und der Mono-Pressung?

Das Wellenform-Diagramm für Taxman zeigt die Unwucht im Stereo-Mix. Die obere Hälfte der Wellenform stellt den linken Kanal dar, in dem die Band spielt. Hier wurde der Pegel weit hochgezogen und stößt häufig an die Begrenzung des Limiters. Der rechte Kanal gerät fast nie an den Anschlag. Die Mono-Version besitzt insgesamt einen niedrigeren Pegel und erreicht fast nie den Anschlag.

Über den 2012er Remaster hört man häufig, dass er zu basslastig wäre. Unser Frequenz-Spektrogramm für Taxman zeigt ein anderes Bild. Je größer die violetten Flächen, desto lauter die tiefen Frequenzen. Die 2012er weist hier zwar etwas größere Flächen auf, doch sie ist auch im Durchschnittspegel lauter. Der Unterschied im Bass ist also – wenn überhaupt zu hören – eher minimal.

Verändert man die Skalierung der Y-Achse von logarithmisch auf linear, lassen sich die Unterschiede im Hochtonbereich besser erkennen. Das Frequenz-Spektrogramm für Taxman offenbart dann, dass auf unserer Mono-Version oberhalb von etwa 14.000 Hertz Schluss ist. Die 2012er spielt dagegen immer wieder bis auf 20.000 Hertz hinauf.

In Sachen Kompression und Limitierung lassen sich im Wellenform-Diagramm für Eleanor Rigby keine großen Unterschiede ausmachen. Erneut ist aber die 2012er ein gutes Stück lauter.

Obwohl lauter, kann die 2012er nicht mit mehr Bass punkten. Die violetten Flächen fallen für beide Aufnahmen im Frequenz-Spektrogramm für Eleanor Rigby etwa gleich groß aus.

Es finden sich auch keine großen Abweichungen im Frequenz-Spektrogramm für Eleanor Rigby mit linearer Skala. Das Frequenzspektrum endet in beiden Diagrammen bei etwa 14.000 Hertz. Wo nichts ist, kann auch nichts lauter gemacht werden.

Eine echte Überraschung birgt das Wellenform-Diagramm für Here There And Everywhere: Jetzt sind beide Aufnahmen etwa gleich laut (keine Verwechslung, wir haben es gecheckt). Und in Sachen Dynamik erscheinen beide Varianten gleichermaßen vorbildlich.

Doch sobald der Song mehr Energie verströmt als Here There …, spielt die 2012er wieder bis an die Dynamikbegrenzung des Limiters. Im Wellenform-Diagramm für Got To Get You Into My Life zeigt sich zudem, dass die Mono-Version gut 15 Sekunden länger dauert. In diesem Fall hat aber niemand am Pitch-Regler des Tonbandgeräts gedreht, wie der Verlauf beider Wellenformen bestätigt. Alle Einschnitte oder Ausschläge passieren in beiden Varianten ungefähr zur selben Zeit. Im Outro wurde bei der Mono-Version einfach ein Chorus länger abgewartet, bevor schließlich ausgeblendet wurde.

Jetzt wird er doch noch deutlich, der Unterschied im Bass. Das Frequenz-Spektrogramm für Tomorrow Never Knows zeigt bei der 2012er eindeutig größere violette Flächen an. Das lässt sich auch hier ein stückweit mit dem höheren Durchschnittspegel erklären. Tatsächlich repräsentiert es auch eine leichte Bassbetonung, die der remasterten Version mitgegeben wurde.

Und auch in den Höhen zeigt sich die 2012er im Frequenz-Spektrogramm für Tomorrow Never Knows mit der linearen Skala spielfreudiger. Während die Mono-Version erneut bei etwa 14.000 Hertz aufgibt, gibt die 2012er Frequenzen bis über 20.000 Hertz wieder.
Welche Pressung von Revolver ist besser?
Das Stereo-Remaster aus dem Jahr 2012 ist nach unserer Ansicht klanglich weitaus besser als sein Ruf. Hier wurde das Frequenzspektrum nach oben und unten erweitert, die Lautstärke behutsam angehoben und genügend Headroom für eine natürlich klingende Dynamik gelassen. Da kennen wir wesentlich schlechtere Beispiele für missratenes Remastering.
Und doch bevorzugen wir die Mono-Fassung. Warum? Einerseits tut der Mono-Mix dem Album gut, weil er „richtiger“ klingt als das unbeholfene Beatles-Stereo. Andererseits sind die beschriebene Unterschiede im Frequenzgang nur in einer Vergleichsanordnung zu hören. Wer einfach nur die Mono-Fassung hört, genießt das warme und runde Klangbild und die Gewissheit, dass die Beatles mit dieser Version einverstanden waren.
Titelliste
Side 1
- Taxman
- Eleanor Rigby
- I’m Only Sleeping
- Love You To
- Here, There And Everywhere
- Yellow Submarine
- She Said, She Said
Side 2
- Good Day Sunshine
- And Your Bird Can Sing
- For No One
- Dr. Robert
- I Want To Tell You
- Got To Get You Into My Life
- Tomorrow Never Knows











Interpret | The Beatles | |
Titel | Revolver | |
Label | Parlophone | Apple Records |
Katalognummer | 0094638241713 | 5099963379716 |
Veröffentlicht | 2012 | 2014 |
Format | 12” | 12” |
Umdrehungen/Minute | 33 1/3 | 33 1/3 |
Cover | Single Sleeve | Single Sleeve |
Beigaben | – | Insert |
Lackschnitt | Sean Magee | Sean Magee |
Presswerk | Optimal Media | Optimal Media |
Matrix-Runout | 94638241713 B983070-01 A2 M 94638241713 B983070-01 B3 i…i N | 6338041 BD11539-01 A1 M G.E. 6338041 BD11539-01 B1 D. i…i |
Auflage/Limitierung | – | 10.000 |
Fortlaufende Nummer | – | – |
Herstellungsland | Deutschland | Deutschland |
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