Beggars Banquet von den Rolling Stones kann ganz vorzüglich klingen. Oder wenn man Pech hat, auch ganz krass schlecht, wie unser Vergleich zeigt.


Welche Versionen von Beggars Banquet werden verglichen?
Die Japanpressung stammt aus dem Jahr 1988. Die Veröffentlichung zählt zur japanischen Rock Nice Price Serie, wie auch schon das OBI, die Schürze über dem Cover, verrät. In Japan gibt es für Schallplatten eine Preisbindung wie bei uns für Bücher. Statt der üblichen 2.500 Yen kostete Beggars Banquet hier nur 1.800 Yen. In dieser Serie gibt es auch die meisten anderen Stones-Alben, die vor 1988 erschienen waren.
Wir vergleichen mit einer Anniversary Edition aus dem Jahr 2018, die 30 Jahre später als die Vergleichspressung zum 50. Jubiläum der Erstveröffentlichung von Beggars Banquet in die Läden kam. Das Remastering übernahm Bob Ludwig, den Lackschnitt besorgte Sean Magee.
Ein paar Hintergründe zu Rolling Stones – Beggars Banquet
Nachdem das psychedelische Vorgängeralbum Their Satanic Majesties Request auch bei der Band gemischte Gefühle hinterlassen hatte, kehrten die Stones mit Beggars Banquet zurück zu ihren Wurzeln im elektrischen Blues. Und zeitgleich mit Beginn der Aufnahmen im Februar 1968 begann auch die Ära der Zusammenarbeit mit dem Produzenten Jimmy Miller. Gleichzeitig war es das letzte Album, an dem Brian Jones mitwirkte. Es begann ein echter Umbruch. Gemeinsam mit Miller entstanden in den nächsten Jahren bis 1973 einige der beliebtesten Alben der Rolling Stones.
Beggars Banquet enthielt mit Sympathy For The Devil und Street Fighting Man nicht nur zwei große Hits, die in der Folge bei beinahe jedem Konzert gespielt wurden. Auch Deep-Cuts wie Parachute Woman, Salt Of The Earth oder Prodigal Son haben die Zeit extrem gut überdauert.
Wie sind die Platten ausgestattet?
Die Japanerin kommt im gewohnten Gatefold-Cover mit OBI und einem vierseitigen Insert. Darin finden sich die Texte auf englisch und japanisch sowie Hinweise auf das 25-Jahre-Stones-Jubiläum, das es 1988 zu feiern gab.
Die Anniversary Edition kommt mit einem doppelten Cover: Das originale Toiletten-Cover steckt in einem Schuber, welches das „entschärfte“ cremefarbene Cover zeigt. Zusätzlich zum Album gibt es eine 12“-Scheibe mit einer Mono-Version von Sympathy For The Devil auf der einen Seite und einer unbespielten zweiten Seite, in die das Toiletten-Cover eingeätzt wurde. Eine Flexi-Disc mit einem Interview mit Mick Jagger aus dem Jahr 1968 komplettiert das Paket.
Wie gut klingen die japanische und die Anniversary-Pressung von Beggars Banquet?
Was sofort auffällt: Die japanische Version ist vor allem laut. Wesentlich lauter als die Anniversary Edition. Mick Jaggers Stimme in Sympathy For The Devil bekommt so einen schneidenden Unterton. Gleichzeitig scheppern die Rasseln viel zu weit im Vordergrund. Die Anniversary Edition klingt wärmer und ausgewogener. Die Stimme ist in den Bandsound integriert und schwebt nicht über den Dingen.
Als zweites fällt auf, dass die Japanpressung etwa einen Viertelton tiefer gestimmt ist. Der Grund: Beim Mastern der Anniversary Edition lief das Masterband etwas schneller. Ein Trick, der in den 60er Jahren häufig angewandt wurde, um Aufnahmen etwas mehr Drive zu verleihen. Aufgefallen war uns das bereits etwa bei Help! von den Beatles. Bei Beggars Banquet summieren sich die Tempounterschiede von Seite 1 auf 49 Sekunden, Seite 2 läuft in der Japan-Variante immerhin noch 28 Sekunden länger. Das entspricht einer Pitch-Korrektur von etwa +4% (Seite 1) bzw. +2% (Seite 2). Alle Songs sind gleichmäßig davon betroffen. Gut möglich, dass das bevorzugte Tempo beim Mastern vom Produzenten Jimmy Miller vorgegeben und notiert wurde. Sei’s drum. Der japanische Schneidemeister hat den Pitch-Regler jedenfalls nicht angefasst.
Weitere Schwächen der Japanpressung offenbaren sich bei angeglichenem Pegel. Das Klangbild besteht hier gefühlt nur aus Mitten und Höhen – Bässe lassen sich nur erahnen. Die Anniversary Edition besitzt dagegen einen definierten und tiefer reichenden Grundton, der allen Songs guttut. Street Fighting Man bekommt so insgesamt mehr Druck, Factory Girl oder Stray Cat Blues erhalten ein Fundament.
Der schwerste Makel ist aber die Abwesenheit von Dynamik. Die allgemeine Lautheit der 88er führt zu einem Verlust an Musikalität und Details. Salt Of The Earth weist auf der Anniversary Edition jede Menge Nuancen auf: Die Anschläge der Akustikgitarre, die Phrasierungen im Gesang von Keith und Mick. Das Stück baut sich auf und spielt mit laut und leise. Auf der Japanpressung ist alles irgendwie gleich laut. So macht uns das Hören keinen Spaß.
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Wie unterscheiden sich Pegel und Frequenzgang der japanischen und der Anniversary-Pressung?

Das Wellenform-Diagramm für Sympathy For The Devil unterstreicht den Höreindruck. Die japanische Beggars Banquet weist nicht nur einen wesentlich höheren Pegel auf, sie lässt auch keine Dynamik zu. Schon kurz nach dem Intro erreichen die Pegelspitzen den Anschlag des Limiters und halten diesen Pegel auch bis zum Ende durch.
Im Unterschied dazu baut sich die Anniversary Edition langsam auf und legt bis zum Schluss immer noch ein wenig zu. So haben es die Stones gespielt. So möchten wir es auch hören.

Wegen des höheren Gesamtpegels der japanischen Ausgabe sind hier auch die einzelnen Frequenzbereiche lauter, was beispielsweise an den orangenen Flächen abzulesen ist. Bei genauer Betrachtung des Frequenz-Spektrogramms für Sympathy For The Devil bestätigt sich auch hier der Höreindruck: Im oberen Diagramm spielt sich alles in den Mitten ab. Unterhalb von etwa 100 Hertz herrscht Schweigen im Walde. Im Unterschied dazu spielt bei der Anniversary Edition die Musik unterhalb von 120 Hertz.

Das Wellenform-Diagramm für Salt Of The Earth zeigt erneut den Mangel an Dynamik der Japanpressung und die Stärke der Anniversary Edition. Im ersten Viertel des Songs ist der durchschnittliche Pegel der Auflage von 2018 ungefähr halb so hoch wie im letzten Viertel. Musikalisch ist das so gewollt – das Stück steigert sich. Die Japanpressung hält dagegen von Anfang bis Ende den Pegel gleich hoch.
Welche Pressung von Rolling Stones – Beggars Banquet ist besser?
Das Vorurteil vieler Sammler zu japanischen Pressungen lautet: Kein Bass, zu viele Mitten und Höhen. Hier trifft es voll und ganz zu. Erschwerend wirkt sich das Fehlen von Dynamik aus. Wahrscheinlich liegt der Ausgabe von 1988 ein frühes CD-Masterfile zugrunde, bei dem die Tonmeister vor allem maximale Lautheit erzielen wollten. Im Autoradio setzt sich die Musik so besser gegen die Umgebungsgeräusche durch.
Wer aber stattdessen Musik auf einer guten Kette in Ruhe hört, wird von der Anniversary Edition mit ausreichend Bass, Klangfarben und Dynamik in Hülle und Fülle belohnt. Die Wahrheit hat zwei Seiten: Die japanische Pressung klingt nicht gut. Dafür überzeugt die Anniversary Edition auf der ganzen Linie mit audiophiler Qualität. Dieses Remaster der Rolling Stones ist mustergültig gelungen.
Titelliste
Side 1
- Sympathy For The Devil
- No Expectations
- Dear Doctor
- Parachute Woman
- Jig-Saw Puzzle
Side 2
- Street Fighting Man
- Prodigal Son
- 25th Stray Cat Blues
- Factory Girl
- Salt Of The Earth






















Interpret | Rolling Stones | |
Titel | Beggars Banquet | |
Label | London Records | London Records |
Katalognummer | L18P 1808 | 00018771851615 |
Veröffentlicht | 1988 | 2018 |
Format | 12“ | 2×12“ |
Umdrehungen/Minute | 33 1/3 | 33 1/3 |
Cover | Gatefold | Gatefold im Schuber |
Beigaben | OBI, Insert | Einseitige 12“ mit Sympathy For The Devil in Mono, Flexi Disc |
Lackschnitt | k.A. | Sean Magee |
Presswerk | k.A. | GZ Media |
Matrix-Runout | L20P-1019A A-1- 1 1 1 L20P-1019B A-1- 1 1 1 | 7185171-A 175517E1/A 7185171-B 175517E2/A |
Auflage/Limitierung | – | k.A. |
Fortlaufende Nummer | – | – |
Herstellungsland | Japan | Tschechische Republik/USA |
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