Das Weiße Album der Beatles zählt musikalisch zum Besten, was die Band je geschaffen hat. Der Remix aus dem Jubiläumsjahr 2018 sollte die bestklingende Variante des Doppelalbums werden. Wir haben mit einer seltenen Japanpressung von 1992 verglichen.


Ein paar Hintergründe zum Weißen Album der Beatles
Das Weiße Album von 1968 – offiziell einfach „The Beatles“ betitelt – ist definitiv das vielfältigste Album der Fab Four. Stilistisch ist hier alles vertreten: Es beginnt mit Beach-Boys-Chören auf Back In The U.S.S.R., weiter geht es mit dem psychedelischen Dear Prudence, gefolgt von Glass Onion mit Motown-Einflüssen bevor Ob-La-Di-Ob-La-Da unbeschwerten Schlager-Pop abliefert. Und dann ist gerade mal die erste Hälfte von Seite 1 des Doppelalbums vorbei.
Bei den Aufnahmen emanzipierten sich die Beatles erstmals von ihrem Produzenten-Übervater George Martin, wie dessen Sohn im Video (siehe unten) berichtet. Die Beatles hatten die Möglichkeiten eines Tonstudios erkannt und wollten sie an ihren eigenen Songs ausprobieren. Da passt anschließend nicht zwingend alles zueinander.
Wo mancher den fehlender roten Faden kritisiert, bewundern andere die verschwenderische Vielfalt an musikalischen Ideen. Ich gehöre zur zweiten Gruppe und freue mich jetzt schon auf die kommenden Sound-Duelle mit dem Remaster von 2012 und der Mono-Version.
Wie sind die beiden Ausgaben des Weißen Albums ausgestattet?
Die Anniversary Edition ist eine 4-LP-Box mit 2 Doppelalben im Karton. Einmal das gewöhnliche Weiße Album in der Neuabmischung. Zusätzlich die Esher Demos ebenfalls als Doppelalbum. Die Box beinhaltet zudem das übliche Poster und die 4 Porträtfotos. Zudem gibt es einen vierseitigen Einleger mit Texten von Paul McCartney, Giles Martin und Kevin Howlett. Wie die Erstausgabe kommt auch die Jubiläumsausgabe mit gefütterten schwarzen Innenhüllen.
Die japanische Ausgabe des weißen Albums ziert ein OBI, zusätzlich gibt es ein Lyric-Sheet mit Texten in japanischer Übersetzung. Und wie es sich für jedes Weiße Album gehört, gibt es auch hier das Poster sowie die viel Porträtfotos.
Was fällt sonst noch auf bei der Anniversary Edition und der japanischen Ausgabe des Weißen Albums?
Die japanische Ausgabe gehört zur “30th Anniversary Final Vinyl Series” des Weißen Albums, in deren Rahmen anlässlich des 30 jährigen Jubiläums des UK-Debütalbums der Beatles alle UK-Alben der Beatles 1992 in Japan neu veröffentlicht wurden. Alle Titel sind auf nur 5.000 Stück limitiert. Die Prägung des Albumtitels findet sich wie meist rechts unten, ist hier aber schräg etwa im 30 Grad-Winkel angebracht.
Die Anniversary-Edition enthält auf zwei LPs die „Esher-Demos“, auf denen die Beatles die Songs für das Weiße Album entwickelten. Die Aufnahmen erlauben einen intimen Einblick in die Entstehung der Songs.
Wie gut klingt The Beatles im Vergleich der Anniversary Edition mit der japanischen Ausgabe?
In den 60er Jahren mussten Mastering-Ingenieure davon ausgehen, dass die viele Hörer auf sehr einfachen Plattenspielern hörten. Zu viel Bass oder Dynamik ließ die Nadel springen. Deshalb suchte man den Kompromiss aus Klang und Praktikabilität. Den Japanern sagt man nach, dass sie den Bass zusätzlich rausregeln, da die Japanischen Wände so dünn sind. Kurz und gut: Auf der Japan-Pressung ist echt viel los in den Mitten und Höhen. Im Bass eher nicht. „This album has been direct metal mastered from a digitally remastered original tape to give the best possible sound quality“. Man hätte es sich schon denken können.
Im Vergleich dazu bietet die neue Abmischung auffällig mehr Bass und dadurch auch mehr Druck. Zudem wurde die Stereobühne verbreitert, deutlich hörbar etwa in Glass Onion. Beim Remix konnte Giles Martin auch die einzelnen Instrumente schärfer voneinander trennen. Details wie die Handclaps in Back In The U.S.S.R. werden herausgekitzelt, nicht um des Effekts willens, sondern immer mit Fingerspitzengefühl, Sinn und Verstand. Die Anniversary-Edition wurde für die Wiedergabe auf modernem Equipment optimiert und klingt wie das Weiße Album schon immer – nur besser! Dasselbe Ziel verfolgt beispielsweise auch der Remix von Abbey Road, den wir ebenfalls besprochen haben.
Weitere Alben aus den Jahren 1966 bis 1968 bei Uebervinyl.de
Wie unterscheiden sich Pegel und Frequenzgang der Anniversary Edition und der japanischen Pressung?

Die Neuabmischung aus dem Jahr 2018 (unten) weist einen höheren Pegel auf als die Japanpressung vom digitalen Master (oben). Aber merkwürdigerweise nur im linken Kanal (obere Hälfte der Welle). Im rechten Kanal zeigt die Japanpressung die größeren Ausschläge.

Zum Glück ist das Ergebnis des Frequenz-Spektrogramms besser nachvollziehbar. Hier zeigt sich, was man schon beim Hören bemerkt hat: Die Neuabmischung hat wesentlich mehr Bass und ist auch in den Höhen etwas stärker.
Welche Pressung von The Beatles – The Beatles ist besser?
Das „Weiße Album“ der Beatles zählt musikalisch zum Besten, was die Band geschaffen hat. Klanglich war das Album schon deutlich moderner abgemischt als beispielsweise die Frühwerke bis etwa „Help!“ 1965. Dennoch bringt die Neuabmischung noch mal einen erheblichen Klanggewinn. Der Unterschied zu früheren Varianten ist nicht so groß wie vielleicht beim Remix von Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Doch auch „The Beatles“ klingt in der Neufassung besser als je zuvor.
Die Japanpressung ist zwar viel seltener (nur 5.000 Stück wurden hergestellt!), sie kann aber nur mit der typisch japanischen Fertigungsqualität punkten. Klanglich überzeugt das Direct Metal Mastering von einer Digitalquelle nicht wirklich. Weitere Duelle mit den Fassungen von 2012 oder der Mono-Version folgen. Bin gespannt.
Titelliste
Seite 1
- Back In The U.S.S.R.
- Dear Prudence
- Glass Onion
- Ob-La-Di-Ob-La-Da
- Wild Honey Pie
- The Continuing Story Of Bungalow Bill
- While My Guitar Gently Weeps
- Happiness Is A Warm Gun
Seite 2
- Martha My Dear
- I’m So Tired
- Blackbird
- Piggies
- Rocky Raccoon
- Don’t Pass Me By
- Why Don’t We Do It In The Road
- I Will
- Julia
Seite 3
- Birthday
- Yer Blues
- Mothher Nature’s Son
- Everybody’s Got Something To Hide Except Me And My Monkey
- Sexy Sadie
- Helter Skelter
- Long, Long, Long
Seite 4
- Revolution 1
- Honey Pie
- Savoy Truffle
- Cry Baby Cry
- Revolution 9
- Good Night




































Interpret | The Beatles | |
Titel | The Beatles | |
Label | Apple/Universal | Apple/EMI/Odeon |
Veröffentlicht | 2018 | 1992 |
Katalognummer | 0602567572015 | TOJP 7080-81 |
Format | 2×12“ | 12“ |
Umdrehungen/Minute | 33 1/3 | 33 1/3 |
Typ | Album | Album |
Cover | Gatefold | Gatefold |
Beigaben | – | OBI, Poster, 4 Porträtfotos |
Quelle | Digital | Digital |
Mastering | Half Speed Mastering | k.A. |
Mastered by | Miles Showell | k.A |
Presswerk | k.A. | k.a. |
Matrix-Runout | 6757196 BI32800 – 01 A1 MILES. ABBEY ROAD 1/2 SPEED. ROOM 30 6757196 BI32800 – 01 B1 MILES. ABBEY ROAD 1/2 SPEED. ROOM 30 6757197 BI32801 – 01 A1 MILES. ABBEY ROAD 1/2 SPEED. ROOM 30. 6757197 BI32801 – 01 B1 MILES. ABBEY ROAD 1/2 SPEED. ROOM 30 | YEX-709-1S 8 YEX-710-1S 6 YEX-711-1S 6 YEX-712-1S 6 |
Auflage/Limitierung | – | 5.000 |
Fortlaufende Nummer | – | – |
Herstellungsland | Deutschland | Japan |
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