Volume One von den Traveling Wilburys wurde von Kevin Gray neu geschnitten und bringt die LP klanglich auf ein überraschendes Niveau.
Wie entstand Volume One von Traveling Wilburys?
Volume One von den Traveling Wilburys ist das erste Album dieser aus vielen Stars zusammengesetzten Truppe. Die LP erschien 1988 und geht auf die Initiative von Ex-Beatle George Harrison zurück. Dieser benötigte damals ein neues Stück für die B-Seite seiner Single This Is Love vom Album Cloud Nine. Harrison fragte einige Musiker-Kumpels, wer kurzfristig günstig ein Studio zur Verfügung stellen könne, und landete in Bob Dylans Aufnahmeräumen in Santa Monica. Jeff Lynne, der das Stück produzieren sollte, brachte Roy Orbison mit, für den er gerade eine Single betreute. Dylan seinerseits schleppte Tom Petty an. Das Stück, das sie zusammen komponierten und aufnahmen, war der spätere Opener des Albums Handle With Care.
Harrisons Plattenfirma Warner befand das Stück als zu gut für eine B-Seite und forderte mehr davon. Da alle Plattenfirmen der Künstler diese Supergruppe für eine gute Idee hielten, beschlossen die Musiker, ein gemeinsames Album aufzunehmen. In nur zehn Tagen wurden zehn Stücke geschrieben, arrangiert und eingespielt.
Aber das war noch nicht das Ende. Alle Beteiligten – außer Bob Dylan – machten sich direkt nach Ende der Session für die Wilburys daran, mit Tom Petty dessen erstes Soloalbum Full Moon Fever aufzunehmen, das deshalb häufig als das zweite Wilbury-Album betrachtet wird. In jedem Fall übersprangen die Herren bei der Namensgebung für ihr Nachfolgealbum aus dem Jahr 1990 das eigentlich logische Vol. 2 und gingen gleich auf den Titel Vol. 3.


Welche Versionen von Traveling Wilburys Volume One vergleichen wir?
Pressung 1: Die deutsche Erstpressung aus dem Jahr 1988 wurde bei Record Service Alsdorf auf 124g schweres Vinyl gepresst. Im Single Sleeve findet sich eine Innenhülle mit der angeblichen Geschichte der Halbbrüder Otis, Nelson, Charlie T. Jr, Lefty und Lucky Wilbury. Das Cover ist auf beiden Seiten matt.
Pressung 2: Die Neuauflage aus dem Jahr 2016 wurde bei GZ-Media in Tschechien auf 192g Vinyl gepresst. Sie steckt in einem Single Sleeve aus etwas festerem Karton und wurde glänzend laminiert. Statt der Innenhülle gibt es dieselben Informationen auf einem identisch aussehenden Insert. Den Lackschnitt besorgte der unter Audiophilen hochgeschätzte Kevin Gray.
Wie unterscheiden sich die Pegel und Dynamik der 1988er- und der 2016er-Pressung?




Die Wellenform-Diagramme für die beiden Seiten 1 des Albums gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Produzent Jeff Lynne ist bekannt für seine dichten Produktionen, die er auf einen gleichmäßig hohen Pegel zu bringen pflegt. So auch hier. Doch wer genau hinschaut, erkennt, dass die Pegelspitzen keineswegs eine völlig gerade Linie bilden, wie bei überkomprimierten Masters leider üblich. In beiden Fällen bleibt ein Rest Dynamik, der für ein lebhaftes und natürliches Klangbild sorgen soll.
Dasselbe Bild zeigt sich bei den Seiten 2 des Albums: gleichmäßig hoher Pegel, ein Rest von Dynamik. Keine Auffälligkeiten.
Wie unterscheidet sich die Loudness der 1988er- und der 2016er-Pressung?




Die Messwerte in Loudness Units relative to Full Scale (LUFS)) im Einzelnen:
1988 | 1988 | |
Seite 1 | -18,6 | -19,5 |
Seite 2 | -19,1 | -19,5 |
Die Loudness-Messung mit dem Youlean Loudness Meter geht methodisch etwas tiefer als die Wellenformen und ist daher genauer. Für die deutsche Erstpressung maßen wir einen Wert von -18,6 LUFS integrated (Loudness Units relative to Full Scale), die Neuauflage unter der Regie von Kevin Gray brachte es auf -19,5 LUFS integrated. Demnach ist die 2016er-Pressung um genau 0,9 LUFS oder 0,9 dB weniger laut als das Original. Beim Remastern fand Kevin Gray also noch etwas mehr Dynamik auf den Masterbändern, die er seiner Version zugutekommen ließ.
Auf der Seite 2 entdeckte Kevin Gray diese zusätzliche Dynamik allerdings nicht. Für beide Varianten maßen wir mit -19,5 LUFS integrated denselben Wert. Kleine Unterschiede gibt es dennoch. So zeigt die Neuauflage ganz am Anfang der Seite etwas mehr grüne (also leisere) Flächen im unteren Schlauchdiagramm. In der Mitte der Seite 2 ist es jedoch umgekehrt, hier zeigt die 1988er mehr grüne Passagen. In der Summe ergibt sich so jedoch für beide Pressungen dieselbe Lautheit.
Wie unterscheiden sich die die Frequenzspektren der 1988er- und der 2016er-Pressung?




Zwei Unterschiede fallen bei diesen Frequenz-Spektrogrammen ins Auge. Einerseits fallen die Flächen im weitgehend unhörbaren Frequenzbereich oberhalb von 14.000 Hertz bei der Erstausgabe auf beiden LP-Seiten viel intensiver aus. Zweitens scheinen jeweils am unteren Rand der Diagramme bei der Erstausgabe deutlich sichtbare violette Bereiche durch, die bei der Neuauflage nicht zu sehen sind. Dieser Unterschied tritt aber nur bei der Seite 1 auf. Die Differenz im Bass lässt sich daher wahrscheinlich darauf zurückführen, dass die Seite 1 aus dem Jahr 1988 stärker komprimiert und insgesamt etwas lauter ausfällt. Dies schlägt in den Diagrammen meist besonders auf den Bass durch. Wie sich diese beiden Unterschiede in der Praxis abbilden, kann erst der Hörtest zeigen.
Welche Pressung von Traveling Wilburys Volume One klingt besser?
Und im Hörtest war die Sache schnell klar: Im Bass und den unteren Mitten gibt es pegelbereinigt keinerlei Unterschiede. Wohl aber in den Höhen. Die 1988er klingt tatsächlich etwas höhenbetont und fast schon spitz. Ein stückweit mag das dem Zeitgeist geschuldet sein. Denn in den späten 80er Jahren waren Digitalhall und CDs der heiße Scheiß. Ersterer, weil er anders als analoge Hallgeräte keine oder weniger Höhen verlor. Und CDs waren spitze, weil sie in der Lage waren, diese krassen höhenbetonten Hallfahnen ohne Verluste wiederzugeben. Ganz deutlich lässt sich dies bei Stimmen und Snaredrums nachvollziehen, die bei der 1988er heller und härter klingen, bei der Neuauflage runder und natürlicher.
Es zeigt sich erneut: Kevin Gray ist ein Könner seines Fachs. Wenn Meister Gray ein Reissue schneidet, wird der Hörer selten enttäuscht. Für die aktuelle Neuauflage von Traveling Wilburys Vol. 1 gilt dies ganz besonders. Es mögen nur Details sein, die beim Remastering verändert wurden. Und doch haut einen die Neuauflage aus dem Jahr 2016 im direkten Vergleich regelrecht aus den Socken. Gesang, Gitarren, Schlagzeug Chöre – alles weniger hart, weniger künstlich. Die Neuauflage schlägt das Original um Längen.
Titelliste
Side 1
- Handle With Care
- Dirty World
- Rattled
- Last Night
- Not Alone Anymore
Side 2
- Congratulations
- Heading For The Light
- Margarita
- Tweeter And The Monkey Man
- End Of The Line












Interpret | Traveling Wilburys | |
Titel | Volume One | |
Label | Wilbury Records | Wilbury Records/Concord Bicycle Music |
Katalognummer | WX 224 | 0888072009622 |
Veröffentlicht | 1988 | 2016 |
Format | 1×12“ | 1×12“ |
Umdrehungen/Minute | 33 1/3 | 33 1/3 |
Cover | Single Sleeve | Single Sleeve |
Beigaben | Bedruckte Innenhülle | Insert |
Lackschnitt | k.A. | Kevin Gray |
Presswerk | Record Service Alsdorf | GZ-Media |
Matrix-Runout | R/S Alsdorf 925796-1-A R/S Alsdorf 925796-1-B XX | 7200962-A 148077E1/A5 TW VOL I-ARe 7200962-B 148077E2/A3 TW-VOLI-B 15856.2(3).. KPG@ATM |
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